von Dr. Hannah Uprety
Dr. Hannah Uprety hielt am 21. Juli 2022 im Rahmen der Buchpräsentationsreihe im Welthaus einen Vortrag zum Thema „Wie aus Aswin und Pradeep Migranten wurden: Der Export nepalesischer Arbeitskraft zwischen Selbstführung und Vermarktung“*, in dem sie die Situation der Arbeitsmigranten aus Nepal beleuchtete. Da thematisch passend, wurde der Welthaus-Mitgliedsverein „Verein zur Förderung brasilianischer Straßenkinder e.V.“ dazu eingeladen, um über seine Schulprojekte in Nepal zu berichten. Dies erfolgte nach der Begrüßung durch Paulina Hertzsch von Welthaus Stuttgart e.V.
Heike Werner vom genannten Mitgliedsverein beschrieb das Sozialprojekt, das für den „Verein zur Förderung brasilianischer Straßenkinder e.V.“ nach dem verheerenden Erdbeben im Jahre 2015 begann: Damals startete der „Verein zur Förderung brasilianischer Straßenkinder e.V.“ eine großangelegte Hilfsaktion, um eine der von der Katastrophe zerstörten Schulen in einer Bergregion im nepalesischen Bezirk Nuwakot wiederaufzubauen. Daraus entwickelte sich eine dauerhafte Förderung, die den bedürftigen Kindern den Unterricht, aber auch Schulessen und Kleidung sichert. Frau Werner merkte an, dass noch einiges zu tun sei, aber dass sich alles in die richtige Richtung bewege.
Im Anschluss zeigte Dr. Hannah Uprety Bilder und Eindrücke aus ihrer Forschung, die sie von 2015 bis 2019 durchgeführt hatte. In ihrer Präsentation fokussierte sich Frau Uprety ausschließlich auf männliche Migranten, die einen Großteil der nepalesischen Auslandsarbeiter*innen ausmachen. In ihrem Buch „Becoming a Migrant Worker in Nepal. The Governmentality and Marketization of Transnational Labor“ wird jedoch auch die Rolle weiblicher Migrantinnen beleuchtet.
Im Kern des Buchs geht es darum, welche Mechanismen und Infrastrukturen nötig sind, damit die organisierte Migration nepalesischer Arbeiter*innen überhaupt möglich ist, und wie sich diese auf die Identitäten und das Verhalten der Migrant*innen auswirken. Um jene Hintergründe besser nachvollziehen zu können, muss man wissen, dass Nepal ein Migrationsstaat ist. Dies bedeutet, dass in Nepal im Vergleich zu anderen Staaten deutlich mehr Menschen leben, die für die Arbeit ins Ausland gehen. In ihrem Vortrag zeichnete Frau Uprety beispielhaft nach, wie „ganz normale“ nepalesische Männer Stück für Stück zu internationalen Arbeitsmigranten werden. Dafür beleuchtete sie drei Komponenten des nepalesischen Migrationsregimes – erstens Rekrutierung, zweitens die Schaffung eines Marktplatzes und drittens die Anleitung und Ausbildung der Migrationsanwärter.
Um sichtbar zu machen, was sich hinter jeder dieser Komponenten versteckt, las Frau Uprety zum Beispiel kurze Momentaufnahmen vor, die das Publikum in die Lebensrealität und Erlebnisse der Migrationsanwärter eintauchen ließen. Darüber hinaus zeigte sie mit Fotos, Interviewzitaten und Videoausschnitten, wie nepalesische Männer zum Beispiel über TV-Werbung rekrutiert werden und welche Mechanismen die migrantischen Arbeiter letztlich zu einer international vermarkteten „Ware“ werden lassen.
Dabei erklärte Frau Uprety, dass es in Nepal durchaus Tradition sei, Arbeit im Ausland zu suchen. Gleichzeitig wies sie auch auf die problematischen Aspekten der heutigen Form der Migration hin: Neben der Gefahren für Leib und Leben und der jahrelangen Trennung von ihren Familien erleben die Migranten bereits während ihrer Rekrutierung viel Rassismus, um nur einige Beispiele zu nennen.
Im Anschluss gab es Umtrunk und einige angeregte Diskussionen.
*Originaltitel: Becoming a Migrant Worker in Nepal. The Governmentality and Marketization of Transnational Labor
VG